Wer am Energieberater spart, zahlt drauf

Mehr Personal einstellen und dann auch noch Geld sparen? Eigentlich geht diese Rechnung nicht auf. Dass es Ausnahmen gibt, wurde bei einem Diskussionsabend der „Initiative Atomausstieg Groß-Gerau“ deutlich, die unter dem Titel „Anforderungen und Möglichkeiten eines kommunalen Energieberaters“ ins Kulturcafé eingeladen hatte. Im Mittelpunkt standen die Referenten Andreas Fröb, Energiebeauftragter von Mörfelden-Walldorf, und der Klimaschutzbeauftragte Sebastian Staudenmayer.
Damit keine falschen Vorstellungen aufkommen: Fröb und Staudenmayer kosten Groß-Geraus Nachbarstadt Geld. Sie machen ihre Arbeit hauptberuflich und belasten bei den Personalkosten den Etat von Mörfelden-Walldorf. Dennoch hat sich ihre Arbeit in den vergangenen Jahren ausgezahlt. Seit einigen Jahren macht die Stadt nach Angaben von Fröb bei ihren Maßnahmen zur Verringerung des Energieverbrauchs Gewinn – und nicht nur einen moralischen. „Für jeden Euro, den wir investiert haben, generieren wir heute 2,15 Euro an Gewinn“, erklärte Fröb unter bewunderndem Nicken von etwa 25 Zuhörern, die sich zuvor schon gefreut hatten, dass ihre Nachbarkommune seit 2007 den eigenen Strombedarf der städtischen Liegenschaften ausschließlich durch Ökostrom deckt.
Dreißig Gebäude lässt Mörfelden-Walldorf durch die beiden Mitarbeiter des Energie- und Klimaschutzbüros managen, knapp 40 000 Quadratmeter Fläche, die im Winter beheizt und ganzjährig mit Strom versorgt werden wollen. Allein 270 Zähler werden von Fröb und Staudenmayer jeden Monat abgelesen, ihre Werte werden in eine Datenbank eingetragen. So lässt sich genau verfolgen, wie der Energiebedarf durch Sanierungen, aber auch durch bewussteren Umgang mit Energie beinahe kontinuierlich sinkt.
Dem Energiebericht 2012 von Mörfelden-Walldorf zufolge gelang es der mit etwa 34 000 Einwohnern zweitgrößten Stadt im Landkreis, gegenüber den Jahren 1996 bis 1998 im vergangenen Jahr fast 25 Prozent weniger Energie zu verbrauchen. Das bedeutete zuletzt eine Energiekostenersparnis von 230 000 Euro im Jahr. „Ich kann nicht verstehen, warum sich einige Kommunen keinen Energiebeauftragten leisten“, betonte Fröb. Dabei machte er auch klar, dass es in seiner Arbeit gar nicht so sehr darum gehe, dass die städtischen Gebäude energetisch saniert würden. Denn die Liegenschaften in öffentlicher Hand machten gerade einmal zwei Prozent der Gesamtbilanz beim Kohlenstoffdioxid-Ausstoß aus. Spitzenverursacher seien die privaten Haushalte mit etwa 36 Prozent, gefolgt von der Wirtschaft und dem öffentlichen Verkehr.
Einen Hebel, um im privaten Sektor etwas zu bewegen, hat Mörfelden-Walldorf bei Bauleitplanverfahren eingesetzt. So wurde schon 2002 ein Gelände der Stadt nur an einen Bauträger verkauft, der sich verpflichtete, Gebäude in Passivhaus-Bauweise zu errichten.
Daneben fördert die Stadt aus einem eigens dafür eingerichteten Fonds, in den beispielsweise die Erträge der öffentlichen Fotovoltaik-Anlagen fließen, unter energetischen Gesichtspunkten sinnvolle Baumaßnahmen. Wer als Bürger der Stadt beispielsweise eine Fotovoltaik auf seinem Dach oder ein Mikro-Blockheizkraftwerk installiert, darf auf eine Fördersumme von 500 Euro hoffen, ein Heizungspumpen-austausch wird mit 50 Euro bezuschusst. Thomas Otterbein, Vorstandsvorsitzender der BürgerEnergieRheinMain, die derzeit noch in der Gründungsphase ist, stellte die Vorteile einer regionalen Energiegenossenschaft vor, an der sich alle Bürger, die gemeinsam in erneuerbare Energien investieren wollen, beteiligen können.
Beeindruckt von der Wirtschaftlichkeit der städtischen Energieberater zeigte sich Walter Seeger von der Initiative Atomausstieg. Unter Berücksichtigung der Personalkosten, der Abschreibung für städtische Investitionen in Energiesparmaßnahmen und der Wartungskosten lag die Ersparnis bei den Energiekosten seit 2001 pro Jahr durchschnittlich über 100 000 Euro. „Das sind seither über eine Million Euro Kostenersparnis für die Kommune Mörfelden-Walldorf. Geld, das in Städten und Gemeinden ohne Energieberater immer noch zum Fenster hinausgeworfen wird“, sagte Seeger.
Wer Interesse an einer Beteiligung hat, ist eingeladen, an einem Info-Abend der Energiegenossenschaft heute (5.) um 19.30 Uhr im Bürgerhaus Mörfelden teilzunehmen.

Echo-Online vom 6.12.2012

© 2010-2024
Initiative Atomausstieg Groß-Gerau

Diese Webseite verwendet Cookies, um ein optimales Nutzungserlebnis anzubieten. Durch die Nutzung dieser Webseite erklären Sie sich damit einverstanden.Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.